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Arbeiten in der Lerngruppe

von Frank Lönne, 09.97

 
Grundlegende Aufsätze zur Methodik im Transferprojekt GhbRE

Das Ideal vom einsamen Gelehrten ist 'out'. Arbeitszusammenhänge sind heute so komplex und schnellebig geworden, daß der einzelne nur noch in intensivem Austausch und in Zusammenarbeit mit Kollegen bestehen kann. Auch im Berufsleben setzt sich teamwork zunehmend durch.

Allgemein kann die Frage nach der richtigen Lernform nicht zu Gunsten von Gruppen- oder Einzellernen dogmatisiert werden. Die Arbeit im Team kann immer nur eine Ergänzung zum selbständigen Lernen sein - und ganz krasse Individualisten erzielen die besten Lernerfolge, wenn sie sich allein durch den Stoff kämpfen.

Aber die Kommunikation über einen Lernstoff in der Gruppe ist für jede Prüfungsform nützlich, ganz besonders für die mündliche Prüfung. Wenn beachtet wird, daß Lerngruppen bestimmte Aufgaben in der Prüfungsvorbereitung optimal leisten können und wenn einige notwendige organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden, kann Gruppenarbeit zum größeren Erfüolg gebracht führen.

Was kann die Gruppe leisten, was der einzelne nicht schafft - worin liegen die Vorzüge der Zusammenarbeit?

Vorzüge der Zusammenarbeit

- Besonders schüchterne, introvertierte und kontaktarme Teilnehmer können in der Gruppe erstmal langsam auftauen und Sicherheit für den Ernstfall gewinnen.

- Wer den Termindruck braucht, den zwingt die Vorbereitung für die nächste Zusammenkunft regelmäßig an den Schreibtisch.

- In der Prüfung genügt es nicht, etwas zu wissen, man muß es auch frei vortragen können oder auch eine praktische Aufgabe vorführen. Das ist nur durch Übung 'vor Publikum' erlernbar. Erst wenn ein Sachverhalt selbst formuliert wurde, ist er auch aktiv verfügbar.

- Die Arbeit kann verteilt werden - das spart Zeit. Erklärt ein 'Spezialist' in der Lerngruppe ein Thema, bringt das in kurzer Zeit mehr, als alles selbst zu erarbeiten.

- "Homines, dum docent, discunt", wußte Seneca: Menschen, indem sie lehren, lernen. Wenn ein Thema - vorher aufbereitet und strukturiert - anderen vorgetragen wird, ist das eine optimale Vorbereitung.

- Lästige Nebenarbeiten, Literaturrecherchen und Kopierarbeiten können aufgeteilt werden.

- Bei kniffligen Problemen schafft die Diskussion Klarheit. Unter der Voraussetzung, daß jeder bereits einen gewissen Einblick in das Gebiet hat, 'fällt der Groschen schneller' und das Thema kann umfassender erschlossen werden.

- Die Gruppenmitglieder können sich über Lernstrategien und -methoden austauschen und passendes von anderen übernehmen bzw. ausprobieren.

- Gruppendiskussionen über ein breites Fachgebiet helfen dem einzelnen, Wissenslücken aufzudecken. Der Gesamtzusammenhang über ein Thema bleibt in einer Lerngruppe am besten gewahrt.

- Der Austausch über Gelerntes deckt Fehlannahmen schneller auf, hoffentlich immer bevor sie sich festsetzen können. Lerngegenstände lassen sich objektiver deuten und werten.

- 'Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile'. Sinnvolle Arbeitsteilung ist oft notwendig, um umfangreichen Lernstoff zu bewältigen. Aber Arbeitsteilung ist nicht einfach zu realisieren und bedarf der sorgfältigen Anleitung und Umsetzung.

- Zu erleben, wie andere arbeiten, motiviert zum Lernen und gewährleistet soziale und psychische Stabilität während der stressigen Prüfungsvorbereitungszeit. Man erhält Feedback zum eigenen Lernfortschritt und erlebt sich nicht isoliert.

Die Lerngruppe organisieren

- Beim ersten Treffen werden Zielvereinbarungen getroffen:
» Lernbedarfe und Themensammlungen ermitteln,
» Auf gemeinsame Vorstellungen (Inhalte, Umfang, Arbeitsmethoden)verständigen,
» Regeln zum Arbeiten in der Gruppe aufstellen,
» Konsens protokollieren.

- Strukturierung des Arbeitsprozesses:
» Aufgabenverteilung,
» Zeitplan,
» Gestaltung/Inhalt der Sitzungen,
» Moderation, Diskussionsleitung, Protokoll.

Zur Planung am Beginn der Prüfungsvorbereitung trifft sich die Gruppe häufiger. In der aktiven Lernphase wird hauptsächlich allein gelernt, man trifft sich ca. einmal pro Woche. Gegen Ende der Vorbereitung (eines Teilbereiches der Prüfung, der ganzen Prüfung) liegt der Schwerpunkt auf der Kontrolle des Gelernten und dem Einüben der Prüfungssituation. Dazu kommt die Lerngruppe so oft zusammen, wie es die Zeit zuläßt. Wer gut geplant hat, lernt zu diesem Zeitpunkt keine neuen Inhalte mehr.

Zusammensetzung der Lerngruppe

Im Spannungsfeld zwischen kleinen Gruppen (in 3er-Gruppen kann bspw. die Prüfungssituation nicht so gut simuliert werden) und größeren Gruppen (bei 7 Teilnehmern ist bspw. der Koordinations-aufwand nicht mehr zu vertreten) scheinen 3-5 Teilnehmer die geeignetste Gruppengröße zu sein.

Moderator und Protokollant müssen immer feststehen. Die sinnvolle Umsetzung der Elemente zur Durchführung einer effektiven Gruppenarbeit (Themen/-Fragenspeicher, Berichte, Moderation/Protokoll) müssen in der Ausbildung langfristig angebahnt und eingeübt werden, dann wird es hier auch keine Probleme geben.

'Häuptlinge' und 'Trittbrettfahrer' wird es immer geben. Ersterer wird bei sinnvoll angelegter Arbeitsteilung die Notwendigkeit der gemeinsamen Arbeit aller Gruppenteilnehmer spüren und die Vorteile für sich selbst erkennen. Letzterer darf nicht durch falsch verstandene Solidarität geschützt werden, sondern muß rechtzeitig unter Mithilfe des Lernberaters 'ins Boot geholt werden'.

Die Gruppenzusammensetzung steht immer im Konfliktfeld zwischen 'Einander helfen in heterogenen Gruppen' und 'Arbeitsfähigen homogenen Gruppen', in denen leistungsschwache Teilnehmer weniger gefördert werden können.

Zusammenfassung

Einige kurze Lernregeln, die auch an das Pinnbrett gehängt werden könnten:
- jeder einzelne Lernschritt muß angenehme Folgen haben,
- kleine Zwischenziele anstreben,
- verteilt Lernen, Pausen, Wiederholungen, Erfolgskontrollen einplanen,
- Motivationslücken und Störfaktoren beseitigen,
- Abwechslung schaffen - auf mehrere verschiedene Arten lernen,
- Lernstoff strukturieren, Oberbegriffe suchen,
- feste Lerngewohnheiten entwickeln,
- Arbeitsplatz ansprechend gestalten,
- Lerngruppe organisieren.


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aktualisiert: 05.07.00
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