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Bertelsmannpreis 1999: Berufliche Bildung der Zukunft

von Marcus Warnke, Ausg. 3/4-1999

 
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Jedes Jahr verleiht die Bertelsmann Stiftung den Carl-Bertelsmann-Preis für "innovative Konzepte und nachahmenswerte Lösungsansätze in zentralen gesellschaftspolitischen Problembereichen. Ausgezeichnet werden innovative Lösungen oder exemplarische Modelle, um der öffentlichen und politischen Diskussion neue Impulse zu geben."

Erklärtes Ziel der Preisverleihung ist es, möglichst vielfältige und ungewöhnliche Anregungen für das deutsche System zu erhalten. Waren es in den vergangenen Jahren Themen wie Partnerschaftliche Unternehmenskultur (1989), Demokratie und Effizienz in der Kommunalverwaltung (1993) oder Innovative Schulsysteme im internationalen Vergleich (1996), so hieß der diesjährige Wettbewerbstitel "Berufliche Bildung der Zukunft".

Die schwierige Lage auf dem Ausbildungsmarkt, Kompetenzmängel der Auszubildenden und eine immer kürzere Nutzungszeit berufsrelevanten Wissens gaben den Anlass für eine intensive Auseinandersetzung mit den Grenzen der dualen Ausbildung. Von außen betrachtet scheinen sich die Akteure bei Reformbestrebungen häufig gegenseitig zu blockieren. Diese Beobachtung war für die Bertelsmannstiftung Auslöser nach neuen Konzepten der Berufsbildung zu suchen, um die deutsche Diskussion anzuregen. Auf dem Prüfstand dieser Diskussion stehen die Ausbildungsdauer ebenso wie das Berufsprinzip, die Frage differenzierter Abschlüsse, das Verhältnis von Berufsschule zur betrieblichen Ausbildung, die Diskrepanz zwischen den didaktischen und den Prüfungsanforderungen und nicht zuletzt die Finanzierung des Gesamtsystems.

Grundlage für die Preisverleihung waren weltweite Recherchen mit Unterstützung der Beratungsgesellschaft Booz o Allen & Hamilton. Im nächsten Schritt wurden Regionen ausgewählt, die für den Preis nominiert und intensiver untersucht wurden. Der Bertelsmannpreis 1999 wurde danach an das Königreich Dänemark verliehen. Ebenfalls nominiert waren die Region Portland, Oregon (USA), Rotterdam/Rijnmond (NL), Südost-Wales (GB) und die Bretagne (F). Eine direkte Vergleichbarkeit ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen natürlich nicht gegeben. Ausgesucht wurden die Nominierten daher nach den Kriterien
1) Zusammenwirken der Akteure in einem Ordnungsrahmen
2) Kompetenzstrukturen und Anforderungsprofile
3) Strukturen und Organisation
4) Qualitätsentwicklung und Finanzierung

Auch wenn sich die Ansätze vor allem auf die berufliche Erstausbildung beziehen, so sind dennoch Anregungen für die Arbeit in den BFWen gegeben. Insbesondere die Region Rijnmond (NL) legt einen Schwerpunkt auf die Eingliederung Benachteiligter (Immigranten und lernschwache Jugendliche). Interessant erscheinen vor allem Hinweise zur Qualitätsentwicklung, die in Rijnmond die integrative Beteiligung von Sozialarbeitern, Psychologen und Ärzten umfasst (Stichwort: Rehateam). Hier sind Anknüpfungspunkte zur gegenwärtigen Qualitätsentwicklung in den Berufsförderungswerken zu finden. Erwähnenswert sind auch die Anregungen zu regionalen und institutionellen Partnerschaften und Kooperationen. In den Niederlanden werden beispielweise regionale Berufsabschlüsse und Zusatzqualifikationen angeboten, die sich am Arbeitsmarkt der jeweiligen Region orientieren.

Die Recherche beschäftigte sich jedoch nicht nur mit den Rahmenbedingungen beruflicher Bildung, sondern suchte auch nach Innovationen zur Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden. Der Blick richtete sich dabei auf Lösungen zur integrierten Vermittlung von Sozial- und Fachkompetenz, zur differenzierten Ausgestaltung von Bildungsinhalten entsprechend der indivduellen Lernfähigkeiten (Stichwort: individuelle Lernarrangements als logische Konsequenz aus individuellen Förderplänen), sowie nach Ideen zur Vermittlung von Fähigkeiten zum lebenslangen Lernen.

Unabhängig von der eigenen Bewertung der Ergebnisse scheint mir eine Beschäftigung mit dem diesjährigen Carl-Bertelsmann-Preis lohnend. Ob die gewünschte Anregung der politischen Diskussion gelingt, steht zwar noch in den Sternen, frühere Preise haben jedoch starke Effekte erzielt. Vor allem die Themen 'öffentliche Verwaltung' und 'Innovative Schulkonzepte' haben in ihren Feldern einiges bewegt.

Der erste Band mit der Dokumentation der internationalen Recherche ist inzwischen erschienen. Er gibt einen Überblick über die zugrundegelegten Kriterien, einen thematisch gegliederten Vergleich der Nominierten, Portraits der Regionen und ihrer Spezifika und einen kurzen Abriß von Anregungen für Deutschland.

Nähere Infos finden Sie im Internet unter
   http://www.preis.stiftung.bertelsmann.de.

Kontakt:
Bertelsmann Stiftung
Carl-Bertelsmann-Str. 256
33311 Gütersloh
Tel: 05241 / 8170

Dort läßt sich die Dokumentation bequem online bestellen. Ein zweiter Band und ein Videofilm über den Preisträger sind ebenfalls in Arbeit und ab Anfang 2000 erhältlich.

Die Projektleiterin Dorothea Minderop erreichen Sie per email auch persönlich unter dorothea.minderop@bertelsmann.de.


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