Inhalte Inhalte Basistexte Basistexte Steuerung Didaktische Organisation

Thesen zur "Übungsfirma" in der kaufmännischen Umschulung

von Henry Aretz

 
Grundlegende Aufsätze zur Lernortintegration im Transferprojekt GhbRE

1. Die Übungsfirma ist ein "praxis"-bezogener "Lehr-/ Lern"-Ort. Es ist höchste Zeit, die Übungsfirma in beide Richtungen konsequent und aktuell - kaufmännisch und pädagogisch - weiterzuentwickeln.

2. "Praxissimulation" ist nicht gleichzeitig auch schon "Ausbildung". Die traditionelle Übungsfirma ist in der Regel ein unzureichendes Abbild der praktischen Arbeit in der kaufmännischen "Wirklichkeit". Die Praxissimulation sollte - soweit wie möglich - durch reale Arbeitsaufträge und Arbeitsanlässe ersetzt werden.

3. Die Übungsfirma ist kein Trainingszentrum für kaufmännische Routinearbeiten, sondern der Ort für die Ausbildung zur komplexen und problemlösenden Sach- und Fallbearbeitung im Team. Routinetätigkeiten sind in diesen Anspruch zu integrieren.

4. Die Übungsfirma ist aufgrund ihrer Anlage und Ausstattung kein Ort für "Unterricht", sondern für "Ausbildung". Die Übungsfirma sollte ihre im Vergleich zum traditionellen Unterrichtsraum hervorragende und kostspielige Ausstattung (techn. Medien, Materialien, pädag. Medien ? ) in die Ausbildung einbringen.

5. Die Übungsfirma ist (leider) nicht der Ort handlungsorientierten Lernens per se, sondern die Übungsfirma muß als konsequent handlungsorientiertes Lernprojekt mit qualifizierter pädagogischer Begleitung organisiert werden. Ziel muß die Förderung selbständigen Planens, Durchführens, Kontrollierens und Reflektierens unter Nutzung von Handlungs- und Entscheidungsspielräumen durch die Lernenden sein.
Die Übungsfirma eignet sich als das handlungsorientierte Projekt in Zusammenfassung vorangegangener kaufmännischer (Teil-) Projekte. Die Übungsfirma bietet sich durch ihre "Firmenstruktur" als Ort des "ganzheitlichen" Lernens in fachlichen und kommunikativen Zusammenhängen an, also als Ort des Erlernens des arbeitsplatz- und abteilungsübergreifenden Zusammenarbeitens im kaufmännischen Gesamtkontext.

6. Es gibt keinen Grund, die Übungsfirma als zentrales Projekt von den anderen Teilen der kaufmännischer Ausbildung ("Unterrichte", Projekte, Trainings, Praktikum, Prüfungsvorbereitung) abzukoppeln und zu isolieren. Die Möglichkeiten der Verzahnung und gegenseitigen Befruchtung sind zu suchen und auszuschöpfen.

7. Die Übungsfirma als integrierter und integrierender Lehr-/Lernort: Sowohl in der Übungsfirma als auch in den anderen Teilen der Ausbildung kommt es auf die Mischung pädagogischer Theoretiker und berufserfahrener Praktiker an. Dozenten/innen in den "Theorie"-fächern, Ausbilder/innen in der Übungsfirma kann nicht mehr sein, sondern eine durchgängige Betreuung der Lerngruppen durch ein konstantes und stabiles Team ist notwendig.

8. Die Übungsfirma ist der Ort zur Vorbereitung auf das betriebliche Praktikum, das häufig von Teilnehmerseite mit großen Ängsten vor dem betrieblichen "Ernstfall" belegt ist, d. h. der Ort zum Einüben von kaufmännischem Verhalten auch in sozialen Umgangsformen. Dieses soziale Lernen muß durch kompetente Beobachter und Trainer/Trainings (Psychologen?) begleitet werden.

9. Die Übungsfirma als Lernort ist der Ort der Reflexion des kaufmännischen Tuns ("learning by doing") und der Kommunikation darüber. Angemessene Rückmelde- und Reflexionsphasen müssen innerhalb des Übungsfirmen-Ablaufs unbedingt organisiert werden, damit die Übungsfirma tatsächlich zum "Ausbildungs- und Lernort" wird. Die Analyse der Arbeitsabläufe muß als Impulsgeber für Lernprozesse und organisierte Lernanlässe genommen werden: Die flexible Handhabung des "Arbeitens" in der Übungsfirma mündet in das Prinzip: Soviel Übungsfirma wie nötig, soviel Lern-Reflexion wie möglich!


pdf-Download Download des Aufsatzes im pdf-Format
Zu Seite: Didaktische Organisation (Überblick) Zum Seitenbeginn Zu Seite: Merkmale Bewerbungstraining
aktualisiert: 05.07.00
Link zur Universität Hamburg Copyright